Digital-Business mit Malte Polzin - Page 16

Der Rückzug kam scheibchenweise. Erst wurde die Wandlung von den Check-Ins hin zu Statusupdates mit Ortsangabe bekanntgegeben, dann folgte der Rückzug aus den sich ja noch in der Testphase befindlichen Facebook-Deals. Kosolidierung oder Kapitulation?
Diese Frage beschäftigt nun viele die sich sich mit dem Thema etwas intensiver ausenandergesetzt haben. Ich selbst habe an diversen Vorträgen die mögliche Zukünftige Rolle von Facebook für lokale Geschäfte immer wieder propagiert. Nach wie vor bin ich von den Möglichkeiten von Location-Based-Deals fest überzeugt. Aber an der Fähigkeit von Facebook ausserhalb ihres Kerngeschäftes für die User und Anbieter von lokalen Angeboten etwas spannendes zu schaffen, muss nun wirklich gezweifelt werden.

Hat Google+ Facebook so stark in Bedrängnis gebracht, dass sie sich nun so auf den Kern ihrer Tätigkeiten, dem Austausch von Statusmeldungen, konzentrieren müssen? Dieser Gedanke liegt nahe, obwohl es auch nur logisch erscheint, wenn Dienste ohnen jeglichen Grundnutzen neu lanciert werden. So bringt der reine Check-In nahezu keinen Nutzen für den User. Es fehlt an dem spielerischen Element analog zu Foursquare oder hilfreiche Bewertungen eines Ortes wie z.B. bei Qype.
Der Nutzen hätten die Deals sein können müssen um endlich einen Mehrwert für einen Check-In bei Facebook generieren zu können.

Nun ist das Feld wieder frei. Wobei Google mit Places (& Deals) eindeutig die Pole-Position in Anspruch nimmt. Die Anzahl an Useren, Nutzen durch Bewertungen und zunehmende Akzeptanz von lokalen Geschäften spielen dabei eine wichtige Rolle. Jedoch fehlt noch ein wenig die Fokussierung auf die Deals – ausserhalb des Grouponansatzes, von dem Google lieber die Finger lassen sollte.

Groupon selbst gibt auch in diesem Sektor Gas und scheut auch nicht vor geeigneten Kooperationen z.B. mit Foursqaure zurück. Einen Weg, den auch Facebook hätte gehen können. Nun könnten auch die spezialisierten Dienste wie Coupies und somit deals@kkiosk hier in der Schweiz neuen Auftrieb bekommen. Wirkliche Kraft ensteht jedoch sicher erst dann, wenn neben vielen flächendeckenden Angeboten auch der  Community-Aspekt im Kern berücksichtigt wird.

Aber eine Hintertür will sich Facebook wohl noch offen halten. Nun können Coupons via SMS bezogen werden. 2005 wäre das ja noch eine Option gewesen…

UPDATE vom 29.08.11:
Die Abschaltung betrifft nur die „Facebook-Deals“. In  Deutschland heisst dieser Dienst „Facebook-Angebote“. Die von mir ebenfalls „totinterpretierten“ Check-In-Deals bleiben bestehen. Ob und wann sie dann auch in Europa ausgerollt werden, ist noch ungewiss. Siehe auch den Beitrag auf  Heise oder noch besser drüben im Blog von Carpathia wo Daniel Ebneter die Situation treffend analysiert hat.

Nach dem Ringier Disaster mit Vanilla, welches ja nun auf die reine Zahl-App „powerpay“ reduziert wurde, scheint sich nun etwas zu tun im Bereich des mobilen Couponings. Gemäss  Pressemitteilung vom 22.7.11 ist nun COUPIES aus Deutschland indirekt in der Schweiz gestartet worden.
(Mein Blogpost über Coupies aus dem letzten Jahr)

Voller Vorfreude habe ich den anstehenden Launch via Twitter kommentiert und mich zunächst in der gemeinsamen PR-Meldung orientiert.
Offiziell ist Valora mit k kiosk der Betreiber der neuen iPhone App „deals@kkiosk“  in der Schweiz:

Valora, die Besitzerin der größten Kioskkette der Schweiz, startet heute mit „deals@kkiosk“ Mobile Couponing in der Schweiz. COUPIES, Europas größter Mobile-Couponing-Marktplatz, ist strategischer Partner und besetzt somit ein weiteres Kernland in Europa.

Jedoch beschränkt sich das Angebot nicht nur auf die Kioske:

Bei Einführung der App werden bereits diverse Angebote verfügbar sein, neben k kiosk-Coupons auch bei Partnern wie Transa (Tracking Bekleidung), Interdiscount (Consumer Electronic), Rhomberg (Schmuck) oder Perosa (Bademoden und Damenunterwäsche) können die Nutzer der App profitieren.

Auch soll unter dem Dach von www.kkiosk.ch/deals die Möglichkeit für andere Händler geschaffen werden, Deals für Ihre Geschäfte einzurichten:

Neben den eigenen Marken bietet deals@kkiosk im Gutscheinheft und der Smartphone-App sowohl großen Anbietern als auch dem Laden um die Ecke eine neue Vermarktungsplattform ihrer Produkte oder Dienstleistungen. So kann z.B. der Friseur gleich neben dem Kiosk schon bald auf www.kkiosk.ch/deals seine eigene Couponing-Kampagne auf der k Kiosk-App anlegen und von der lokalen Reichweite in der Nähe seines Salons profitieren. Alle Nutzer sehen dann das Angebot des Geschäfts auf ihrer App. Das stärkt die lokalen Anbieter und macht die Idee des Kiosks als Treffpunkt im Quartier auch auf dem Smartphone erlebbar.

Weitere Applikationen, inklusive der von COUPIES,  sollen von diesen Angeboten profitieren können:

Zusätzlich werden die Coupons auch in den Apps von COUPIES, Gbanga und Wikitude zur Verfügung stehen.

Soweit so gut. Valora ist ja schon angenehm aufgefallen mit der Foursquare Check-In-Kampagne und hat sicher schon Erfahrungen mit Location Based Services sammeln können. Und nun mit COUPIES im Rücken sollte da eine tolle eigene iApp. bei rauskommen.

Das gesamte Couponing-System basiert auf der Technologie von COUPIES – von der API über das Content-Backend bis hin zur patentgeschützen Einlösetechnologie – und wird von Valora als Whitelabel genutzt. Die Entwicklung und Programmierung der App sowie das Design wurde von der Firma ubilabs aus Hamburg realisiert, die als Experten im Bereich Location Based Media spannende Raffinessen mit hochwertigem Design verknüpfen konnten. Beraten wurde Valora bei der Planung und Umsetzung dieses Projektes durch die Kommunikationsagentur und Schwieger aus Hamburg, die sich auf den Transfer von stationärem Geschäft in die digitale Welt spezialisiert hat.

Also, die App. schnell installiert und ausprobiert. Leider musste ich jedoch schnell feststellen, dass sich keiner der beteiligten Parteien aus meiner Sicht hier mit Ruhm bekleckert hat. Eigentlich unverständlich, was mit allen diesen Voraussetzungen und möglichen Lerneffekten, für ein mittelmässiges Ergebnis entstehen kann. Mittelmass deshalb, weil mit der App. von COUPIES ein wirklich gut durchdachtes „Stück“ Software existiert. Jedoch wurden scheinbar alle vorbildlichen Funktionen, Usability-Aspekte und Designs mal eben über den Haufen geworfen. Dieses harte Urteil möchte ich kurz anhand eines direkten Vergleichs erläutern. Direkt lässt es sich vergleichen, man muss nur die COUPIES App. aus dem deutschen App-Store laden (Deutscher Apple Accout ist nötig) und sieht die identischen Angebote von der k kisok App.

Schon bei der Listenansicht der im Umkreis befindlichen Deals wird es deutlich:

Die kiosk App. will übersichtlicher erscheinen und fasst mehrere Gutscheinein einem Place zusammen. Der Gedanke ist sicher richtig, denn schleisslich sollen ja vor allem Filialbetriebe hier abgebildet werden. Jedoch warum man dann die Angaben zur Entfernung zu dem Store weglassen muss, ist mir nicht verständlich. (In der COUPIES App. sind in der Liste leider noch nicht alle Deals sichtbar – über die Kartenansicht und mit der Auswahl des Ladens klappt es dann aber gut) Mit Logos und Bildern spielt COUPIES natürlich auch einen möglichen Wettbewerb der Anbieter besser aus. Aber da unterscheiden sich noch die Geschäftsmodelle.
Aber es gibt noch deutlichere und sicher entscheidende Unterschiede bzw. Nachteile der k kiosk Applikation:

  • Keine Routen von meinem Standort zum Geschäft
  • Keinerlei Community oder Social Media Integration
    (COUPIES mit Facebook Connect)
  • Keine Kategorisierung von Deals
  • Fehlende Favoriten
  • Keine Suchfunktion
  • Check-In hat keinerlei Nutzen

Der Startbildschirm hat jedoch noch genügend Platz für weitere Funktionen – bleibt zu hoffen, dass dort noch massiv nachgelegt wird. Die Augmented-Reality Funktion funktionierte bei mir nur auf Glück und sieht noch nicht fertig aus. Meines Erachtens auch nicht relevant für den Erfolg einer solchen App.

In der Praxis funtionierte die Aktualisierung meines Standortes nicht wirklich gut. Nur bei einem Neustart wurde der Ort korrekt bestimmt.
Ich habe einen Deal (3 für 2 Kaugummies) im Kiosk in Cham ausprobiert. Die Verkäuferin wusste sofort bescheid was sie zu tun hat als ich ihr mein iPhone zeigte:

Allerdings zog sie nach kurzer Suche ein Blatt Papier mit den verfügbaren Deals hervor und scannte den (oder einen anderen) Barcode von dort ein. Ich bekam meinen Rabatt und alles war bestens. Das ist sicher positiv zu bewerten, dass das Personal auch geschult worden ist und dann alles gut geklappt hat.

Es bleibt zu hoffen, dass k kiosk noch nachlegt, oder die COUPIES App. bald auch offiziell in der Schweiz verfügbar ist. Ferner wäre es wünschenswert, wenn Valora das Modell von COUPIES bei der Vermarktung bzw. dem Pricing für andere Unternehmen übernimmt. Denn hier liegt in meinen Augen eine grosse Stärke von COUPIES:
Das Einstellen wird durch den Ladenbetreiber gemacht und es wird nach aufgerufenen Coupons abgerechnet. In Deutschland sind das gerade einmal 0.50 EUR pro Gutschein.

Fazit: Die App hat das Potential dazu Foursquare in der Schweiz schnell bei der Nutzung von Sonderangeboten abzulösen. Aber Luft nach oben hat es noch genügend. Grundsätzlich hätte ich die App. als erste Beta deklariert – im Hinblick auf ein aktives Erwartungsmanagement. Unverständlich ist warum k kiosk auf den viralen Faktor zum Start verzichtet. Denn solche Facebook Statusmeldungen würden einer schnelleren Verbreitung sicher dienen:

Was auch der COUPIES App. noch fehlt, ist der in meinen Augen sehr wichtige Community-Aspekt. Da zeigen sich noch Schwächen gegenüber Foursquare oder auch Qype. Auch das war ja ein fehlendes Element bei der Vanilla App.

Nutzer von Android können die COUPIES App. schon ohne Trick installieren. Die als Beta deklarierte HTML5 Web-App funktioniert leider noch nicht in der Schweiz. Wie es mit den anderen Apps für nahezu alle Smartphone Betriebsysteme aussieht, kann ich leider nicht beurteilen. Da wären eure Tests und Kommentare spannend.

Wie Social CommerceToday berichtet, wurden in 2011 (Jan bis April) in den USA annähernd 2 Milliarden USD in Social Commerce Start Ups investiert. Diese Summe kommt auch ohne die Investitionen in Facebook oder die abgewickelten Übernahmen (wie z.B. die Hautelook Übernahme durch Nordstom für ca. 270 Mio. USD) zustande. Wie so oft dominiert Groupon  diese Liste. Aaber auch andere Player haben respektable Summen eingefahren. Nun können Kritiker wieder nach der „Blase“ rufen – aber es sind durchaus erfolgsversprechnde Konzepte darunter, die uns sicher noch länger begleiten werden. Hoffentlich.

Auf jden Fall lohnt es sich, die genannten Modelle einmal genauer anzusehen um die doch recht unterschiedlichen Mechaniken und Facetten des Social Commerce zu spüren und mögliche Ideen für eigne Anwedungen zu finden. Es gibt viel zu lernen. Für den Betrachter aber auch für einige Start Ups auf dieser Liste.